
Eines vorab: "Lernsieg" ist ein stinknormales Kommerz-Start-up. Private Geldgeber investieren, weil es profitable Zielgruppenwerbemöglichkeiten verspricht. Zudem werden wohl auch Daten der Nutzer
abgegriffen. Mit Feedback, mit Kultur oder gar mit der Verbesserung der Beziehungskultur in der Schule hat diese von Medien gepushte App nichts zu tun.
Wir dürfen erwarten, dass sich schulfremde Unternehmen, die versuchen, sich in schulische Angelegenheiten einzumischen, an (gesetzliche) Regeln halten. Und da haben wir bei der „Lernsieg“- App
unsere berechtigten Zweifel. Wie kommt ein Unternehmen dazu, sich personenbezogene Daten von 90.000 Lehrer*innen von Webseiten zu greifen um damit ein Geschäft zu machen? Was geschieht mit den
gesammelten Daten der Nutzer*innen?
Die App wird auch von IT-Security-Unternehmen sehr kritisch gesehen, laut „SEC-Research“ gibt es Sicherheitslücken. Das bei dieser App eingesetzte SMS-Authentifizierungsverfahren sei „mit relativ
wenig Aufwand zu umgehen“. Die Betreiber haben schon angekündigt, dass sie wieder nachjustieren wollen bzw. müssen.
Mit dieser App können Lehrer*innen von jeder x-beliebigen Person bewertet werden. Welche zweifelhaften Folgen sich daraus ergeben können, wissen wir schon lange. Cyber-Mobbing, Bashing und
Shitstorms machen vor den Schultoren nicht halt.
Die „Lernsieg-App“ hat nichts mit Feedback zu tun, sondern ist eine 5-Sterne-Bewertung mit rein kommerziellen Interessen. Bedauerlich ist, dass das Bildungsministerium weder juristisch noch
politisch in der Lage ist, sein ureigenes Aufgabenfeld und seine Bediensteten vor diesem Unfug zu schützen! Das Ministerium hat QIBB und SQA für einfaches Feedback entwickelt und wird diese wohl
auch sinnvoll weiterentwickeln können.
Feedback, Kritik an Lehrer*innen und Leiter*innen, Verbesserungsvorschläge und Einwendungen gehören dort vorgebracht, wo sie ihren Niederschlag finden sollen, nämlich in der Schule. Damit das für
Schüler*innen selbstverständlich ist bzw. wird, anonym und ohne Angst vor Sanktionen geschehen kann, dafür haben Ministerium, Bildungsdirektionen und die Schulpartner auf Augenhöhe mit den
Lehrervertreter*innen einzutreten und zu sorgen.
Das privatisierte und schulferne Bewerten von Lehrer*innen taugt wohl als kommerzielles und mit Werbung bestücktes Unternehmen, hat aber mit Unterrichtsentwicklung und der dazugehörigen und
berechtigten Unterrichtskritik in öffentlichen Schulen nichts zu tun.
Der Dauerbewertungswahn in allen Lebensbereichen bewirkt keine bessere Schule, sondern fördert ein Klima der gegenseitigen Kontrolle, des vorauseilenden Gehorsams und opportunen Handelns. Wir
brauchen aber Lehrer*innen und Schüler*innen, die mutig sind und selbstständig denken und handeln (lernen) und nicht die alten Fehler nachmachen.
Gerhard Pušnik
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